Seit ich unsere Neuerscheinung "Geheimnis im Kniepsand - Lilly und Nikolas auf Amrum" lektoriert habe, will ich dort hin. Für mich und alle anderen, die die Nordfriesische Insel entdecken wollen, hat Andrea Nesseldreher, Autorin von "Geheimnis im Kniepsand" und absolute Amrum-Expertin, einen Reiseführer für die Insel zusammengestellt - nicht nur für Familien. 

Wer einmal vom Dünenrand über die unendliche Weite des Amrumer Kniepsands geblickt hat, vergisst diesen Anblick nie wieder. So ging es mir jedenfalls vor 20 Jahren und ich bin seitdem der Insel treu geblieben. Der Kniepsand, der „größte Sandkasten der Welt“, ist es auch, der Amrum so besonders macht und von allen anderen Nordseeinseln unterscheidet.

Amrum steht vor allem für die unvergleichliche Schönheit und Unberührtheit der Natur: Sandstrand, Dünen (die zum Schutz nur über Bohlenwege erwandert werden dürfen), Wattenmeer, Heidelandschaft und Marschwiesen. Amrum ist zudem die waldreichste Nordseeinsel.

Spaziergänge lohnen sich vor allem zu den Aussichtsdünen bei Wittdün und Norddorf (Himmelsleiter), zum Quermarkenfeuer, zur Aussichtsplattform am Norddorfer Strandübergang (barrierefrei) und zum Süßwasserreservoir Wriakhörnsee. Neben inseltypischen Pflanzen wie Dünenrose und Strandhafer begegnet man auch vielen tierischen Gesellen: Kaninchen, Fasanen, Wasservögel, Krebse, allerlei Wattkriechtiere und mit etwas Glück auch der ein oder anderen Eidechse.

Auch das Vogelschutzgebiet auf der Amrumer Nordspitze, Odde genannt, kann erwandert werden, dort sind Vogelbeobachtungen und Naturführungen mit dem Verein Jordsand und dem ansässigen Vogelwart möglich.

Das unbestrittene Highlight der Insel ist jedoch besagter Kniepsand. An der breitesten Stelle ist er etwa 1,5 km breit. Das Gebiet ist so weitläufig, dass man auch in der sommerlichen Hochsaison hier vollkommen für sich sein kann. Man lernt zu schätzen, dass es auch an recht abgelegenen Stellen tatsächlich Toilettenhäuschen gibt! Auf dem Kniep kann man nach Herzenslust buddeln und bauen. Auch Muscheln findet man reichlich, und der Sand selbst ist so fein und weiß wie man ihn sich nur vorstellen kann.

In den 1970er und 80er Jahren bauten Urlauber aus angeschwemmtem Strandgut kleine originelle Hütten mitten auf dem Kniep, die am Ende des Urlaubs zerlegt und vergraben wurden, um im folgenden Jahr wieder ausgebuddelt und neu aufgebaut zu werden. Leider ist diese Tradition - eine weitere Amrumer Besonderheit - vom Aussterben bedroht. 

Von der Wittdüner Südspitze aus erreicht man den Kniep am schnellsten, aber auch alle anderen Inseldörfer haben eigene, ausgewiesene Strandabschnitte, an denen sich wunderbar baden lässt. Ebbe und Flut beeinträchtigen die Badefreuden auf Amrum nur geringfügig. Zwar fällt das Meer auf der Föhr zugewandten Seite trocken, auf der Kniepseite muss man aber allenfalls ein Stück weiter zum Flutsaum laufen.

Streng genommen ist der Kniepsand jedoch kein Bestandteil von Amrum sondern eine vorgelagerte Sandbank, die sich im Lauf der Jahre an Amrums Küste angeschmiegt hat und sich auch heute noch ständig verändert. Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts befand sich ein Hafen auf der Norddorfer Kniepsandseite, der allerdings vollständig versandet ist.

Wellkimmen üb Oomram - Willkommen auf Amrum

Heute steuern die großen Autofähren den Wittdüner Fähranleger an. Zwei Stunden dauert die Überfahrt von Dagebüll aus und bietet vollkommene Entschleunigung – denn an Bord der großen Autofähren der Wyker Dampfschiffreederei (WDR) hat man nichts anderes zu tun, als aufs Meer zu schauen, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und die Restauration an Bord zu genießen.

Für Kinder gibt es auf dem riesigen Schiff jede Menge zu entdecken. Viele Treppen und Gänge sind zu erkunden, vor allem natürlich das Sonnendeck. Beim Zwischenstopp auf Föhr kann man auch das An- und Ablegen hautnah miterleben. Bei Schietwetter können sich die Kleinsten die Zeit im Bällebad oder mit Trickfilmen vertreiben, während die Eltern im Liegestuhl vor dem großen Panoramafenster entspannen. Wer gerne Postkarten schreibt, sollte sich den Schiffsbriefkasten mit eigenem Stempel nicht entgehen lassen.

Den ersten Eindruck von Amrum vermittelt Wittdün, der jüngste Ort der Insel. Ins Auge fällt zunächst ein an eine Aluminiumdose erinnerndes Appartementgebäude, eine der ganz wenigen Amrumer Bausünden mit dem Namen „Zur alten Post“, von den Einheimischen ironisch „Keksdose“ genannt. Ansonsten besticht Wittdün durch Bäderarchitektur, eine charmante Einkaufsstraße mit Cafés und Shops und vor allem die Nähe zum Meer.

Im Gegensatz dazu lassen die reetgedeckten Friesenhäuser die übrigen vier Inseldörfer Norddorf, Süddorf, Steenodde und vor allem das pittoreske Nebel etwas ursprünglicher wirken. Das friesische Flair ist hier überall gegenwärtig.

Leuchttürme und Windmühlen

Ins Auge fallen bei der ersten Fahrt über die Insel der Leuchtturm und die beiden Windmühlen, die man unbedingt besuchen sollte. Der Leuchtturm ist mit einer Leuchtfeuerhöhe von 63 Metern einer der höchsten Leuchttürme an der deutschen Nordseeküste. Besichtigungen sind vormittags möglich. Die Aussicht ist grandios, bei guter Sicht kann man bis Helgoland sehen.

Da der Leuchtturm seine eigentliche Arbeit als Leuchtfeuer erst in der Dunkelheit erledigt, empfiehlt sich für Leuchtturm-Fans eine Nachtführung bei Wolfgang Stöck. (Achtung: Rechtzeitig anmelden!) Das gleiche gilt auch für die Führungen durch den Seezeichenhafen.

In der großen Nebeler Windmühle, die um 1770 herum aus Holland auf die Insel gebracht wurde, befindet sich das Heimatmuseum mit vielen Informationen über die Insel, Natur- und Tierwelt und natürlich das Müllerhandwerk. Es lohnt sich auf jeden Fall, die engen Stiegen bis unter die Haube der Mühle zu erklimmen. Die Mühle ist noch windgängig und wenn sich die Flügel drehen, bekommt man einen erstklassigen Eindruck davon, mit welch genialer Technik man sich auch schon in vergangenen Jahrhunderten die Windkraft zunutze machte.

Die kleine Süddorfer Mühle ist nicht zu besichtigen, da sie privat bewohnt ist, aber sie ist dennoch ein reizvolles Fotomotiv.

 

Der Friedhof der Namenlosen und sprechende Grabsteine 

Gegenüber der Mühle kann der Friedhof der Namenlosen besichtigt werden – die traurige letzte Ruhestätte von unbekannten Menschen, die man am Strand gefunden hat und denen die Nordsee zum Verhängnis wurde. Außerordentlich interessant sind auch die Sprechenden Grabsteine neben der Nebeler Kirche St. Clemens. Auf den Grabsteinen sind die Geschichten von Amrumer Persönlichkeiten nachzulesen, von Kapitänen über den Müller bis hin zu Hark Olufs, der einst als Junge von Seeräubern entführt wurde und als reicher Mann zurück nach Amrum kehrte.

Naturdenkmäler und Museen 

Seit dem Jahr 2017 ist Amrum um eine weitere Attraktion reicher. Im Naturzentrum Maritur ist im Becken des ehemaligen Norddorfer Hallenbads das Skelett eines Pottwals zu besichtigen. Beeindruckend riesig präsentiert es sich als Highlight einer Ausstellung über den Walfang auf den nordfriesischen Inseln in vergangenen Zeiten. Gleichzeitig sollte man auch die Ausstellungen über die bewegte Lebensgeschichte des berühmten Amrumers Hark Olufs sowie die naturkundliche Ausstellung und den Überblick über die Vogelkoje nicht entgehen lassen. 

 

Mitten im Kiefernwald liegt die Vogelkoje Meeram, ein wunderbares Kleinod der Insel. Die ehemalige Entenfanganlage versorgte die Insulaner in früheren Zeiten mit Wildentenfleisch. Aufschluss darüber und über die umliegende Flora und Fauna gibt der „Kojenmann“, der zugegebenermaßen etwas zu gruselig wirkt, um als Identifikationsfigur zu punkten.

Heute ist die Vogelkoje ein idyllischer Treffpunkt für Groß und Klein. Am Kiosk lassen sich die Kinder mit Eis, die Eltern mit Kaffee und die Gänse mit Körnerfutter versorgen, denn hauptsächlich Gänse bevölkern die Vogelkoje und sind bisweilen so zahm, dass sie den Besuchern aus der Hand fressen. Ausgesprochen possierlich ist vor allem der Gänsenachwuchs im Frühjahr.

 

Die Vogelkoje ist zudem Ausgangspunkt für einen Spaziergang über einen der schönsten Amrumer Bohlenwege, der zugleich auch der „Pfad in die Vergangenheit“ ist. Man erreicht zunächst das Archäologische Areal, ein Dünental, in dem man Besiedlungsreste aus der Eisenzeit gefunden hat, und findet dort auch den Nachbau eines eisenzeitlichen Hauses. Das Haus ist jederzeit frei zugänglich.

Folgt man dem Bohlenweg noch ein weiteres Stück durch die Dünen, erreicht man den zweiten, kleineren Amrumer Leuchtturm, das sogenannte Quermarkenfeuer. Auch von dort ist der Ausblick großartig, von innen zu besichtigen ist er jedoch nicht.

Wunderbar anschaulich wird das Leben der Inselfriesen bei einem Besuch im Ömrang Hüüs. Von einem Amrumer Ehepaar liebevoll und detailverliebt in den Stand aus dem 18. Jahrhundert versetzt und später ins Eigentum des Heimatvereins mit dem klangvollen friesischen Namen „Öömrang Ferian“ übergegangen, kann man sich dort in die Vergangenheit der Friesen versetzen lassen.

Für Heiterkeit sorgen meist die winzig anmutenden Schlafkabinen – Alkoven – in denen man nur im Sitzen schlafen konnte. Das Schmackschiff des ehemaligen Hauseigentümers und Kapitäns lässt sich auf handbemalten Fliesen bewundern und das Schmuckstück ist der Beilegerofen, der – von der Küche befeuert – auch die Wohn- und Schlafstube beheizte und von dem man polierte Messingkugeln abschrauben und als Handwärmer im Winter mit nach draußen nehmen konnte.

 

Freizeitvergnügen für Groß und Klein

Wer gern mit dem Rad unterwegs ist, kommt auf Amrum voll auf seine Kosten. Ein Fahrradverleih ist schnell gefunden. Man hat die Wahl, ob man die Insel auf dem Wattweg oder dem Waldweg von Wittdüns Südspitze bis zur nördlich gelegenen Odde bei Norddorf erkundet. Da es keine nennenswerten Steigungen gibt, sind die Touren auch für alle Fitnesslevel machbar.

Früher brachte eine Dampfeisenbahn die Sommerfrischler aus den Inseldörfern auf den Kniep, und obwohl diese schon lange nicht mehr fährt, muss man nicht auf eine Inselrundfahrt verzichten. Zuverlässig bringt das possierliche Bähnchen „Insel-Paul“ den Besuchern die Insel näher.

Immer einen Besuch wert ist die Minigolfanlage in Norddorf oder bei schlechtem Wetter das Inselkino „Lichtblick“, der Indoorspielplatz „Abenteuerland“ im Norddorfer Gewerbegebiet oder das Amrumer Badeland mit Meerwasser-Wellenbad.

Die Amrum-Touristik stellt zudem in jeder Saison ein abwechslungsreiches Programm für Groß und Klein zusammen. In den Kindertreffpunkten Lollypop, Drachenburg und Schatzkiste wird gebastelt, vorgelesen und gesungen.

Kunst, Kreatives und Sonnenuntergänge

Zudem empfiehlt es sich, nach Konzert-Ankündigungen Ausschau zu halten, man wird überrascht sein, welch hochkarätige Künstler sich oft nach Amrum „verirren“. Auch die Amrumer Trachtengruppe und der Shantychor sind sehens- bzw. hörenswert. Vielleicht hat man das Glück zum Zeitpunkt des Mühlenfestes (Mai) oder des Molenfestes in Steenodde (Juli/August) vor Ort zu sein, dann erlebt man häufig beide Gruppen.

Künstlerisch begabte Urlauber und vor allem auch Kinder finden im Atelier „Farbrausch“ eine wunderbare Möglichkeit, Malerei und Urlaubssouvenir zu verbinden. Hier kann man vorgefertigtes Geschirr (Tassen, Teller, Becher, Krüge und vieles mehr) selbst nach eigenen Vorstellungen und unter fachlicher Anleitung bemalen. Die Kunstwerke werden dann gebrannt und reisen mit nach Hause, oder notfalls mit der Post hinterher, wenn der Gast bereits abgereist ist.

Auf jeden Fall sollte man sich einen Strandkorb auf Amrum gönnen, und sei es nur für einen Tag. Es gibt kaum etwas Schöneres, als windgeschützt und mit Blick auf das Meer in der Sonne zu sitzen, während die Kinder Sandburgen bauen. Wer sich für einen längere Mietdauer entscheidet, der bekommt von den Strandkorbvermietern auch einen besonderen Service geboten: Der Korb wird gerne an einen Wunschort gebracht – ganz nah am Wasser oder abseits vom Trubel an den Rand der Dünen. Im Strandkorb am Norddorfer Strand lässt sich auch der schönste Sonnenuntergang von Amrum genießen.

Urlaubslektüre

Jeder Amrum-Urlauber sollte mindestens einen Blick in die kultige Broschüre „Amrum Aktuell“ werfen. Hier finden sich komprimiert alle Veranstaltungen, Öffnungszeiten, Fahrpläne und Ausflugshinweise. Wer „Amrum Aktuell“ nicht bereits auf der Fähre abgegriffen hat, der bekommt es überall auf der Insel, teilweise sogar outdoor in kleinen durchsichtigen Plexiglaskästen.

Als Strandkorblektüre empfiehlt sich das jährlich erscheinende Magazin „Der kleine Amrumer“ mit interessanten Berichten über Insel und Insulaner. Aktuelle Bezüge finden sich auch in der Online-Zeitung „Amrum News“.

Wem das an Lesefutter noch nicht genügt, der wird sicher in den Inselbuchhandlungen von Leif Quedens fündig. Dort gibt es neben den üblichen Bestsellern auch jede Menge regionalen Lesestoff.

Lohnenswerte Schiffsausflüge

Von Amrum aus wird man in der Regel keine Ausflüge auf das Festland machen, es lohnt sich aber trotzdem, die Insel einmal zu verlassen. Die Nachbarinsel Föhr lässt sich bequem und kostengünstig über die Fähren der WDR erreichen. Wer es sportlicher mag, kann Föhr bei Ebbe auch erwandern, mehrere Wattwanderer bieten diese Tour an. Zurück geht es dann per Fähre.

Die Adler Express bringt Urlauber ab Wittdün rasch zur Schwesterinsel Sylt, durchs Wattenmeer und sogar nach Helgoland. Mit dem Ausflugsschiff Eilun bringt Kapitän Bandix Tadsen Gäste zu den Seehundbänken und zu den Halligen Hooge, Langeness, Gröde und Öland.

Wer schon das Inselleben wegen seiner Beschaulichkeit schätzt, der kommt auf den Halligen noch mehr auf seine Kosten. Eine Vorstellung, wie es auf den Halligen bei „Landunter“ zugeht, vermittelt das „Sturmflutkino“ auf Hooge.

Kapitän Tadsen verleiht zudem das „Steuermannspatent“ für junge „Matrosen“ und unternimmt gelegentlich Piratenfahrten unter der Flagge vom Piraten Gräbiard.

 

Kulinarisches

Wer kulinarisch der nordischen Küche zugetan ist, der findet selbstverständlich ausreichend Gelegenheit, fangfrischen Fisch zu genießen. Trotz der zahlreichen Restaurants auf der Insel  sei an dieser Stelle lediglich empfohlen, sich mit einem leckeren Backfischbrötchen vom Fischbäcker in Norddorf oder Krabben direkt vom Kutter (erhältlich bei Fischer Thaden, Seezeichenhafen Wittdün, immer wenn die rote Flagge oben ist) einfach ans Meer zu setzen und zu genießen. Denn darum geht es bei einem Besuch auf Amrum: Das Meer und die wunderbare Natur genießen.

 

Andrea Nesseldreher, August 2020

 

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